Zu den wechselnden Zeiten: ich denke, Simon&Garfunkel klingen da authentischer, weil sie den Song nicht recht verstanden haben
. Dylan sagte einmal, dass er den Times den Ton von Brechts
Lied von der Moldau mit dem von Jesaja verbinden wollte. Und es ist beeindruckend, wie ihm dies gelingt, er aus auf die damalige Zeit schmiedet und es wie eine absolute Einheit klingt. Es ist klar, dass das da nicht einfach der schlicht hoffnungsvolle Song ist, den viele in ihm gesehen haben. Und es ist auch klar, dass man, wenn man schlicht eine Emotion in einen Song steckt und an diese glaubt, authentischer klingt, als wenn man aus einem Gemisch von Prophetie, Hoffnung und dunkler Ironie singt. Ich glaube auch nicht, dass Dylan jemals wirklich an diese gesamte politische Hoffnungsbewegung geglaubt hat, die ihn vereinnahmen wollte.
Bei 'Blowin in the Wind' gebe ich dir vielleicht sogar recht. Auch wenn ich manchmal mit Baez Stimme auch Schwierigkeiten habe (etwas nervtötend auf Dauer
). Es liegt natürlich unter anderem daran, dass der Text des Songs zwar stark ist, aber nicht wirklich doppelbödig.
Zu Dylans Gesangsstil muss man auch zwei Sachen bemerken: erstens, dass er durchaus bewusst so gesungen hat, wie er gesungen hat, und zweitens, dass er seinen Gesangsstil auch weiterentwickelt hat.
Kein 21jähriger klingt natürlicherweise so, wie er auf Rising Sun gesungen hat. Ich muss zugeben, dass ich seine Version zwar nicht schlecht finde, aber die von Animals durchaus besser finde. (wozu die folgende Geschichte ganz nett ist: als er seinen ersten Plattenvertrag bekommen hat, hat er wohl vorher gar nicht genau geplant, was er so spielen würde, sondern hat so die Songs gespielt, die ihm dort so eingefallen sind. Kurz nachdem er die Aufnahmen gemacht hat, fragte er den Typen, der ihm Rising Sun beigebracht hat, ob es ihm was ausmachen würde, wenn er es aufnehmen würde. Der meinte, dass ja, denn er wollte selber bald Aufnahmen damit machen. Worauf Bob Dylan wohl 'Ups' sagte
. Dem Typen haben dann nachher immer Leute vorgeworfen, er hätte den Song von Bob Dylan gecovert, bis dann schließlich Bob Dylan erzählt wurde, dass er den Song von den Animals gecovert hätte...). Besser kommt dieser spezifische Gesangsstil, denke ich, z. B. bei
Don't Think Twice, wo er sehr gut passt. Dylan ist selbst kein guter Coverer...
Ich glaube, so etwas wie It's Allright Ma so zu singen, wie auf der verlinkten Perfomance, hätte er damals noch gar nicht hinbekommen. Genauso so tolle Darbietungen wie
It's all over now baby blue oder
Visions of Johanna (beim letzteren waren z. B. zusätzlich ein Haufen Drogen nötig
). Was vielleicht mein liebster Song von Dylan ist, Tangled up in Blue, finde ich leider nicht in einer vernünftigen Version auf YouTube.
Er konnte aber auch ganz anders singen, wie z. B. auf Nashville Skylines:
Lay Lady lay.
So, jetzt bin ich etwas mehr ins Schwärmen geraten, als bloß auf deinen Beitrag zu antworten. Fest steht für mich, dass Schönheit letztlich mehr im Ausdruck liegt als in einer netten Stimme. Die nette Stimme ist das, was einem als erstes gefällt; der Ausdruck berührt einem im Herz und fährt einem durch den Geist, kann einen schreien, kann einen weinen lassen, sagt: "Das ist Kunst." Und Dylan ist einer der ganz wenigen, die für mich (von den modernen) in diesen Bereich kommt, gerade auch mit seinen Darbietungen. Echte Authentizität ist nicht, hinter einem Song zu stehen; echte Authentizität ist, dieser Song zu sein.
Die Jimmy Hendrix-Version solltest du übrigens unbedingt mal auschecken. Einer der größten Rock-Songs überhaupt, denke ich, vermutlich hast du ihn auch schonmal gehört....findet man z. B.
hier. Zwar stellenweise etwas unsauberer gespielt als auf der Studioversion, aber vielleicht auch noch etwas energetischer. Aber richtig gut singen konnte er auch nicht
.