Traitor, vielleicht muss ich es präzisieren: Die Karikaturen sind psychische Gewalt in einem Klima der gesellschaftlichen Stimmungmache aus höchsten Stellen der Politik gegen Muslime (die überwiegend im Glauben verwurzelt sind), zumindest in Dänemark. Das Gefühl des gegen-sich-kollektiv-Stimmung-gemacht-werdens eint aber die Muslime sehr weitgehend, wie auch die Verletzlichkeit was religiöse Regeln betrifft. Ich weiß, für eine Rationalisten wird das unbegreiflich wirken, aber der Rationalismus ist eben nicht ihre Haltung, und das haben wir in gewisser Weise zu respektieren und in die Betrachtung einzubeziehen. *
Wie gesagt, die Karikaturen waren auch provozierend gedacht.
Wenn man den jahrzehntelangen Umgang mit den Menschen der arabischen Länder besieht, den der Westen mit ihnen "gepflegt" hat - die Beihilfe zur Landenteignung der Palästinenser, die Duldung der nunmehr bald 30jährigen Besetzung von land durch Israel, die koloniale Unterdrückung der Algerier durch die Franzosen, den gezielten Aufbau einiger der Diktaturen durch den Westen, den Angriff auf den Irak, der dort sehr sehr viele Zivilisten traf, und die schon vorher offenbare Unfähigkeit und Nicht wirklich-Interessiertheit der Amerikaner am Aufbau einer neuen zivilien Infrastruktur, und und...dann kann zumindest ich mir gut vorstellen, daß diese Menschen sich durch solche Karikaturen, die sie in dem letzten Vertrauen in die Welt - im Glauben - trifft, so vorkommen, als wäre ein Mistkübel über ihnen ausgeleert worden.
Nun, und vielleicht habe ich das nicht genug herausgestellt, das rechtfertigt einiges. Briefe, Reden, kleinere Demonstrationen.
Das was jetzt an Gewalt ausgelebt wird, will ich damit in keiner Weise gerechtfertigt oder gut geheißen haben. Das hat mit Religion nichts mehr zu tun, ist gesteuerte sinnlose Zerstörungswut.
* Ich bin übrigens durchaus der Meinung, daß man aufgeklärte Haltungen im Islam und unter den Moslems fördern sollte - es gibt sie durchaus. Nur wird das IMHO eher durch ein positives Beispiel der "aufgeklärten Welt" gelingen und durch wirtschaftlichen Erfolg. Das ist IMHO etwas wie Deutschland 1945: Die Deutschen waren keine Demokraten, von Natur aus, aber das gleichzeitig dank Marshallplanhilfe entfachte Wirtschaftswunder entfesselte den Glauben an die Segnungen von Demokratie und Freiheit. (übrigens erkauft damit, daß es in England z.B. mit dem Wiederaufbau deutlich langsamer ging, wie mir mein Vater mal erzählte). Wie wackelig hierzulande die Demokratie verankert ist, sieht man in Zeiten der begrenzten Krise wie heute: Sofort haben radikale Parteien eine Chance.
Lykurg,
die Begünstigung oder Ausnutzung der öffentlichen Unmutslage durch staatliche Stellen hatte ich bereits erwähnt..."Süppchen kochen" - mir war nur noch nicht unter gekommen, daß damit der Wahlsieg der Hamas in den Hintergrund gedrängt werden sollte. Das steht auch nicht in der "Welt".
Klar, Syrien hat versucht, von den eigenen inneren Problemen abzulenken. Syrien ist eine Diktatur, die eine ziemlich unrühmliche Rolle gespielt hat in den letzten Jahren, auch und gerade in Libanon. Zufall, daß auch in Libanon vandalisiert wurde?
Was die Hamas betrifft...
Israel hat die Al Fatah-Regierung scheitern lassen, klar, daß die Wähler dann das Pendant wählen.
Das Pendant hat eine ziemlich unliebsame Passage in seinem Parteiprogramm, die gegen Israel zielt.
Wenn die EU jetzt den Palästinensern droht, dann schlägt sie den Sack und nicht den Esel.
Und schlägt auch die Tür zu, was andere Möglichkeiten einer Einflußnahme betrifft, bzw. öffnet andererseits einem in die Bresche springen seitens des Iran und Saudi-Arabiens Tür und Tor.
Das Problem ist, daß die kritischen Programmpunkte der Hamas diejenigen sind, die sie von der Fatah abheben. Würde die Hamas jetzt von heute auf morgen darauf verzichten, käme das für die Wähler recht merkwürdig rüber...aha, die Partei läßt sich durch Europa erpressen, und für Israel bleibt alles beim alten
Besser wäre IMHO folgendes: Die Regierung loslegen lassen. Mit Israel so kooperieren, daß auch da kleine Erfolge erreicht werden, daß zumindest der derzeitige Abbau illegaler Siedlungen weitergeht.
Und dann mit der Hamas verhandeln, daß das Zeil modifiziert wird. Statt Auslöschung Israels der Rückzug Israels in seine Grenzen von 1967, die Rückkehr der Flüchtlinge,... , womit, wenn ich es richtig sehe, immer noch ein Abstand zur Fatah erhalten bliebe.
Ich weiß, das ist sicher idealistisch gedacht, aber es sollte versucht werden, anstatt jetzt Herrn Achmadi Nedschad ins Haus zu holen.
Was Mussa Abu Marsuk da gesagt hat, ist natürlich kontraproduktiv in dieser Sache. Nicht nur das, unmöglich geradezu.
Mann kann es so sehen, daß er jetzt nachträglich die Begründung liefert, die einen Ausstieg Europas unumgänglich macht.
Oder andere "geeignete Maßnahmen"
Was die Staatsdoktrin betrifft...
Ich habe selbst gezögert, das zu schreiben. Aber der Auftritt von ...... wie hieß er noch gestern bei Christiansen hat mich darin bestärkt.
Ein prominenter iranischer Dissident hat sich mehrfach vom iranischen Regime und von Achmadinedschads Äußerungen distanziert, sie verurteilt.
*Name einsetzen* hat zum einen sehr sehr deutlich gesagt, daß Israel eine Bombe im iranischen Besitz nicht dulden, sondern militärisch dagegn vorgehen würde - eine offene Drohung mit einem illegalen Vorgehen (Angriffskrieg), wie ich finde, wie auch Ströbele fand - keine Erwähnung, daß Israel die Bombe hat und daß das von niemandem kritisiert wird.
Dann hat er kein einziges Mal die Politik gegenüber den Palästinensern kritisiert, sie sogar gerechtfertigt mit der Zahl der Toten durch die Anschläge - er rechnete sie auf 45000 für Deutschland hoch. Ohne mal darüber nachzudenken, daß die Attentate - so schlimm ich sie auch finde - Reaktion sind eben auf jene Politik, die bis 1947 zurück reicht.
Hingegen hat er eben betont, daß Israel der Staat der Opfer des Holocausts sei.
Dies ist ein exemplarisches Beispiel, von vielen in den letzten Jahren, die mich zu dem Wort von der "Immunisierung" veranlassten.
Wobei, Staatsdoktrin trifft es icher nicht richtig, es ist eher ein unausgesprochenens Stereotyp aus dem Sympathisantenkreis des Staates.
Ich bin und war mir dabei durchaus im Klaren darüber, daß diese Position Beifall aus unliebsamer Ecke bekommen würde.
Grund genug, zu zögern, ob ich sie schreibe, und es eben hier zu tun, wo ich mir sicher bin, daß sie richtig verstanden wird.
Nur durch das schreiben wird die Position diskutierbar, war auch ein Gedanke dahinter.
Es ist und bleibt dabei: Gewalt ist kein legitimes Mittel, außer in angemessener Form für einen Staat zum Schutz dessen, was wir hierzulande öffentliche Ordnung und Sicherheit nennen.
Das, was da jetzt aus den Protesten erwachsen ist, ist unrecht und hat mit dem eigentlichen casus nicht mehr viel zu tun.
Und, ganz klar hat Israel ein Existenzrecht. Als ganz normaler Staat, der sich mit seinen Nachbarn in völkerrechtlich bedingter Weise gut stellen muss und seinen Beitrag leisten muss zur Beseitigung von Konflikten mit der Nachbarschaft.
Du bist nicht übers Ziel hinausgeschossen, im negativen Sinne, sondern hast mir die Möglichkeit gegeben, mich klar von jenem übelriechenden Sumpf zu distanzieren. Denen...keinen Fuß breit!
Werde den Namen noch nachtragen, wenn er mir wieder einfällt.
EDIT: Zu Windsbrauts link...
Bewegend, idT. Ein Punkt ist besonders interessant, nämlich
The problem with media representation of such issues tends to be that the media only picks up the loudest voices, ignoring the rational ones that do not generate as much noise.
Die Verletzung der Gefühle betrifft viele, aber nur wenige greifen zu den Mitteln der Gewalt, die nun zu sehen waren - bzw. lassen sich dazu anstiften und verleiten.
Und nur diese Bilder bekommen wie zu sehen.
Die Folge ist: Wenn es nur bei Briefen und kleineren Demonstrationen geblieben wäre, hätte kaum jemand hier etwas davon erfahren - die selektive Wahrnehmung der Massenmedien, besonders der bildbetonten, von Großereignissen, des Extremen, führt zur Ausblendung des eigentlich Relevanten, der breiten Strömung an Meinung und Geschehen.
Ein strukturelles Problem der medialen Realitätsvermittlung...