Diese beliebte Aussage setzt voraus, dass es etwas Anderes gibt, das realer ist als die physikalischen Modelle. Einerseits könnten Konstruktivisten (denen ich bekanntlich fern stehe) einwänden, das Reale gäbe es erst, wenn wir es messen und modellieren. Andererseits kann man, wenn man etwas an sich Real seiendes annimmt, immer noch annehmen, dass die Modelle der Physik eine hinreichend gute Näherung daran sind, dass sie für alle Zwecke als damit identisch aufgefasst werden können. Eine Restunsicherheit besteht immer, dass sie letztlich doch nur eingeschränkt korrekt sind und wesentliche Teilaspekte auslassen, aber die bisherigen Erfolge und das völlige Fehlen konkurrenzfähiger Ansätze machen für mich die Annahme weit ökonomischer, dass sie die Realität hinreichend abbilden.Ich gebe dir sowohl recht als auch nicht recht. Die Physik ist sicherlich im Vorteil, da sie gar nicht über reales redet, sondern nur gute Modelle bauen will. Oder was ist die präzise physikalische Beschreibung von Materie, die die Physik liefert? Die Beschreibung ist intrinsisch präzise als mathematisches Modell, aber darüber hinaus?
Ja, das ist natürlich auch ein Problem. Mir ist auch klar, dass gute philosophische Definitionen kaum je so knapp sein können wie solche in der Mathematik oder Physik. Auch mag sie nie logisch eindeutig werden können. Die reine Definition eines problematischen philosophischen Begriffes mag durchaus ein ganzes Buch füllen. Und sie darf dabei durchaus Beispiele und erklärende Ausführungen beinhalten, die nicht nur Beiwerk sind, sondern als Ersatz für eine rein logische Definition den Begriff abzugrenzen. Denn meine Anforderung an die Definition ist nur, dass in jedem real auftretenden Kontext klar ist, was exakt der Philosoph mit seinem Begriff meint. Das sollte meines Erachtens stets möglich sein.Es ist hier schon ein wenig schwieriger als in der Physik, weil wir sehr aufpassen müssen, da wir selbst beim Sprechen über Sprache z. B. schon immer selbst schon sprechen.
Die Nichtexistenz echter Objektivität vorausgesetzt, besteht für mich kein fundamentaler Unterschied zwischen externer und interner Wahrnehmung. So würde ich als die wesentliche Eigenschaft des Bewusstseins seine Funktion als ein Selbstbeobachtungssinn des Gehirns bezeichnen, darauf wollte ich auch mit meinem Taskmanager-Vergleich hinaus. Wir nehmen über elektrische Impulse war, wie unsere Umgebung aussieht, und analysieren dies anhand einer Kombination von Erinnerungen und Verstand; oder wir nehmen über elektrische Impulse war, was gerade in unserem Gehirn vorgeht, und analysieren dies auf analoge Weise. Das ist nur eine Metaebene, kein völlig anderer Prozess.Begriffe wie 'Erleben' oder insbesondere 'Beobachtersein' können wir noch viel weniger rein objektiv betrachten; wir erfahren sie nicht als Beobachter (im Gegensatz zu allen physikalischen Gegebenheiten), sondern im (reflektierten) tätigen Erleben.
Das ist im Prinzip das, was ich oben mit den eingeschränkten Anforderungen an philosophische Definitionen meine. Allerdings führt es meines Erachtens nicht dazu, dass die Definition mancher Begriffe unterbleiben muss. Vielmehr ist es in diesem weicheren, aber immer noch hinreichenden Sinne durchaus möglich, Begriffe im Kreis miteinander zu definieren, denn mit genügender Komplexität der Erklärungen wird es möglich, per Kontext beide Bedeutungen zu schaffen.So oder so ist es letztlich so, dass man auf nicht weiter definierbare Begriffe zurückgreifen muss, um nicht in einen Zirkel zu geraten. Wenn man das nicht tut, haben die Definitionen keinen Grund und keinen Wert. Man kann diese Begriffe nur weiter ergründen, nicht definieren.
Vielleicht meinen wir hier ja auch dasselbe und mein voriger Beitrag implizierte nur eine zu strenge, naturwissenschaftliche Interpretation. Ich fordere nicht, dass die Philosophie zur Naturwissenschaft wird, damit würde sie scheitern, denn deren Instrumentarium ist ihren Fragestellungen nicht angemessen. Es reicht mir, wenn sie sie ernst nimmt und sich mit ihren eigenen Methoden mehr Mühe gibt als bisher.
Das Kriterium hilft mir gar nicht, die ungefähre Beschreibung dagegen durchaus. Hier erschiene es mir aber sehr viel effizienter, den von dir beschriebenen Sachverhalt als "bewusstes beobachten" zu bezeichnen und "beobachten" fundamentaler zu verwenden. Quanteninteraktionen müssen nicht unbedingt drin enthalten sein, einer Kamera mit angeschlossener Bildanalysesoftware das Beobachten abzusprechen, halte ich aber für eine zu große Abweichung zum Alltagsgehalt des Wortes, und da sich zwischen Kamera und Quantenprozessen wiederum philosophisch kaum eine Grenze ziehen lässt, erscheint mir die inklusionistische Verwendung insgesamt schlüssiger.Oder würde dir das Kriterium: "Jeder, der beobachtet, ist ein Beobachter." weiterhelfen? . Ein ungefähre Beschreibung mit anderen Worten für 'beobachten' ist vermutlich: 'Daten in sein Bewusstsein aufnehmen'.
Zum metaphorischen Ursprung des Begriffes gebe ich dir durchaus Recht, aber seine Verallgemeinerung sehe ich eben nicht als Loslösung vom entscheidenden Aspekt des Beobachtens, sondern gerade als dessen Offenlegung.
Natürlich erklärt nicht der Begriff etwas, sondern die ihm kanonisch zugeordnete Theorie, das war schlampig ausgedrückt. Sagt ein Naturwissenschaftler "Wasser", so meint er ein aus einer komplexen Kombination aus Chemie und Thermodynamik bestehendes Modell, mit dem er sehr gut das Verhalten eines gewissen subjektübergreifend wahrgenommenen Phänomens beschreiben kann. Sagt er "Beobachter", meint er das Arsenal von Relativitätstheorie und Quantenphysik, mit dem er bis auf wenige Randbereiche das gesamte Spektrum aller Wahrnehmungen beschreiben kann. Sagt ein Philosoph "Beobachter", ist es eine spannende Frage, was er denn nun meint und ob er damit irgendetwas erklären kann.Dass ein Begriff immer etwas "erklären" muss, ist vielleicht ein physikalisches Vorurteil. Oder was erklärt der Begriff 'Wasser'? Ich finde es schon nicht schlecht, wenn ein Begriff etwas benennt, was es gibt.
(Anmerkung: Permutation der nächsten zwei Zitate, da sorum logischer beantwortbar.)
Wie bereits oben geschrieben, sehe ich das Bewusstsein primär als eine Selbstwahrnehmungsebene, kann ich deiner Abgrenzung zu "innerer Wahrnehmung" so nicht zustimmen, bzw. sehe keine schlagenden Argumente, was am Bewusstsein außerhalb des Phänomenologischen läge. Ansonsten sehe ich die Psychologie als eine effektive Theorie, deren Rückführung auf Grundprinzipien aber natürlich noch aussteht.Wie ich schon einmal erwähnt habe, dürften selbst aus physikalistischer Sicht, 'Bewusstsein' und 'Gehirn' keine Synonyme sein. Über das Gehirn kann die Physik ohne Schwierigkeiten sprechen. Die Physik kann gut über empirische Phänomene sprechen, aber ist 'Bewusstsein' konstituiert aus empirischen Phänomenen? Den Inhalt unserer inneren Wahrnehmung mag man im weiteren Sinne noch als empirische Phänomene bezeichnen (auch wenn ich hier eher die Psychologie als die Physik am Werke sehe, aber sie gehen ohne Zweifel ähnlich vor; auch ist das etwas, wo ich denke, dass die rein physikalische Untersuchung des Gehirns zu sehr ähnlichen Ergebnissen wie denen der Psychologie führen kann). Aber das Wahrnehmen und das "Bewussten" selbst, das ist kein Phänomen. So sehe ich nicht, wie die Physik darüber überhaupt sprechen kann. Das macht es einer Erklärung etwas schwer zugänglich.
Gravitation und Leben stehen auf verschiedenen Erklärbarkeitsstufen, ja. Aber mir erscheinen Leben und Bewusstsein als auf der gleichen Stufe stehend: reduktionistische Erklärung nicht sicher, auf jeden Fall in weiter Ferne, aber auch ohne bisherige Anzeichen auf die Unmöglichkeit. Das einzige wäre eben die Vorannahme, dass es bei letzterem nicht gehen darf.Bei Sachen, die ähnlich geartet aussehen wie andere Gesetzmäßigkeiten, wo elementare Erklärungen früher nicht möglich waren, mittlerweile allerdings schon. Im gewissen Sinne würde ich z. B. sagen, dass eine elementare Erklärung von Gravitation momentan noch nicht möglich ist, aber ich habe gutes Zutrauen, dass sich da noch einiges tun wird. Ich halte es auch für gut möglich, dass irgendwann auch eine elementare Erklärung des Phänomens Leben möglich sein wird, auch wenn ich mir da noch nicht ganz so sicher bin.
Zum Chinesisch: was der Sinn des Gedankenexperimentes ist, ist mir schon klar, allerdings ist für mich die Frage, ob so eine perfekte Kenntnis ohne Verständnis möglich ist, keine Frage der praktischen Durchführbarkeit, sondern ein fundamentaler Punkt, der gerade den Unterschied zwischen einem lernfähigen, selbstständig verallgemeinerungs- und analysefähigen organischen Bewusstsein und einer reinen Antwortmaschine herausstellt. Aber wie gesagt, umgeschrieben auf letztere, liefert das Gedankenexperiment eine entscheidende Frage. Aber die ist meines Erachtens weniger die nach
sondern eher die nachEs ist nicht gleichbedeutend, dass jemand von außen (oder auch in seinem Gehirn) alle Merkmale von Bewusstsein erfüllt und dass er Bewusstsein hat
Es erscheint mir unzweifelhaft, dass die Fülle der Situationen, auf die ein Bewusstsein spezifische Antworten finden würde, so groß ist, dass es mit den zur Verfügung stehenden Mitteln des beobachtbaren Universums nicht möglich ist, einen vollständigen Emulator zu bauen. Daher muss etwas, das erfolgreich als Bewusstsein durchgehen kann, bereits ein Bewusstsein sein. (Der Turingtest dagegen wäre vielleicht machbar, denn durch die Einschränkung der zu begutachtenden Prozesse auf Kommunikation und dieser auf reine Textnachrichten wird die Anzahl der zu behandelnden Kontexte enorm reduziert, etwa um e-noons Wasser-Beispiel.)auch wenn vermutlich in unserer Welt tatsächlich jeder, der das eine erfüllt auch das andere erfüllt
Genaugenommen besteht ja jede Diskussion von irgendetwas nur aus der Innenperspektive eines Menschen. In dem Sinne, in dem du es meinst, denke ich, dass sich bei groß genugen Untersuchungen intersubjektiv hinreichende Informationen über die Innenperspektive sammeln lassen. Zumindest basiert ja die gesamte Philosophie auf diesem Vorgehen, wenn auch eben nicht mit großen und sauberen Untersuchungen.Jeder Diskussion von Bewusstsein, die also nicht die Innenperspektive eines Menschen berücksichtigt, ist daher entscheidend unvollständig und zum Scheitern verurteilt.
@e-noon und Jan: Natürlich meinte ich das "leider" im Sinne des "entschuldige, dich deiner Illusionen berauben zu müssen". Und ja, der Unterschied zwischen einer Schwingung (im Mittel bzw. langfristig keine Änderung) und einer Bewegung (eben jenes doch) ist wohl nur für einen Physiker elementar wichtig.
@JanW: Interpretiere ich dich richtig, dass du zwar in gewissem Umfang religiös bist, aber von der vollständigen physikalischen Erklärbarkeit von Welt und Bewusstsein ausgehst?