Prognose vorweg: Feuerkopf wird mich töten.
Kürzlich wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich in meiner Sammlung fast keine Bücher habe, in den die Hauptfiguren Frauen bzw. Mädchen sind. Ein paar klassische Gesellschaftsromane, ein paar Jugendbücher, Pratchetts Hexen-Bände. Aber das war's auch schon. Insbesondere kaum Fantasy oder SF mit weiblichen Protagonisten.
Meine Freundin dagegen liest massenweise Fantasy mit weiblichen Figuren.
Zusatzpunkt: viele davon sind auch von Frauen geschrieben.
Ähnliche Trends sind mir auch von vielen anderen Lesenden bekannt.
Es scheint also ein Muster zu geben: es gibt viele Bücher weiblicher Autoren mit weiblichen Figuren, meist werden diese aber nur von Frauen gelesen. Während es natürlich auch viele rein männliche Literatur gibt, aber viele von Männern über Männer geschriebene Bücher auch von Frauen gelesen werden.
Ursachenforschung? Bis vor einigen Jahrzehnten war die Sache mit der Demographie der Autoren weitgehend erledigt, die Diskussion sollte sich also vor allem auf relativ junge Werke konzentrieren. Auch manche Genres wie Romanzen auf der einen, hard-boiled-Detektive oder -SF kann man beiseitelassen.
Aber gerade im in meinem Bekanntenkreis statistisch am besten vertretenen Fantasy- und SF-Bereich, und analog wohl beispielsweise bei historischen Romanen, ist es doch auf den ersten Blick sehr irritierend. Hier ist es doch eigentlich halbwegs austauschbar, welches Geschlecht Autor und Figuren haben?
Einiges kann man sicher immer noch mit Autorendemographie erklären - nicht mehr unbedingt damit, dass es mehr Autoren als Autorinnen gibt, aber wohl damit, dass Autoren bei den Verlagen besser durchkommen. (Das wäre zumindest mein statistikunbelegter Verdacht.) Und der Aspekt, dass sich der Leser mit der Figur identifizieren will, ist sicher auch zu beachten.
Aber zwei bis drei spannende und kontroverse Aspekte bleiben für mich übrig, die einmal gegen die Männer, einmal gegen die Frauen sprechen:
1. Autorinnen schreiben zu oft über Frauen, um über Frauen zu schreiben. Wie eingangs gesagt, kann ich aus eigener Anschauung nur sehr wenig weibliche Literatur qualifiziert beurteilen. Aber eben im Fantasy- und SF-Bereich hat man oft von indirekten Schilderungen (Titel, Aufmachung und Klappentexte - mieseste Quelle überhaupt, natürlich; persönliche Berichte; Rezensionen) den Eindruck, dass Welten gezielt daraufhin konstruiert werden, "mächtige" oder "selbständige" weibliche Charaktere zu ermöglichen, oder zumindest die individuellen Charaktere selbst nach diesem Muster konstruiert werden. Oder das ganze Buch ein "wie normale Männer-Fantasy, aber diesmal mit Frauen" sein soll. Ich rede jetzt gar nicht von bradleyschem ideologischem Feminismus, sondern eher von einer Mischung aus Zielgruppenorientiertheit und "author appeal".
2. Männer sind Ignoranten. Irgendwie muss es ja dazu kommen, dass mann so selten zu "weiblichen Büchern" greift. Von 3. abgesehen, hat mann also wohl irgendwie einprogrammiert, dass das keine "richtige Literatur" sei, nicht wert, gelesen zu werden. Bei mir persönlich beruht das oft darauf, dass ich 1. bewusst oder unterbewusst wahrnehme und mich davon abschrecken lasse. Ansonsten aber wohl primär daran, dass mich eher Klassiker als aktuelle Werke interessieren und es da in meinen Bereichen einfach fast keine "weiblichen Werke" gibt, siehe Autorendemographie oben.
3. Verlage legen ihre Werbung falsch aus. Hierauf bezieht sich das "zwei bis drei spannende und kontroverse Aspekte", denn dieser Aspekt ist wohl eigentlich zu selbstverständlich. Dass Titelgebung, Umschlaggestaltung, Klappentext und Werbung selten dem Buch gerecht werden, ist ja allgemein bekannt. Dennoch trägt es sicher massiv zur Unterstützung von 2. bei, weil auch durchaus "männerkompatible" Werke dank rein auf Kundinnen ausgerichteter Aufmachung diese Eigenschaft schnell verlieren, solange der Mann keinen Geheimtip bekommt.