Bundespräsidenten-Kandidaten

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janw
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Di 21. Feb 2012, 22:11 - Beitrag #41

Maglor, im Grunde müsste mal Frau Loetsch mit Bezug auf Sarrazin die soziale Ghettoisierung in Blankenese und Bogenhausen geißeln ;)

Vielleicht kommt ja doch wirklich noch ein zweiter Kandidat zustande, vielleicht sogar einer, der nicht schon prinzipiell nur für den Rand attraktiv ist. Gut wäre es, allein schon, weil Wahlen ohne Alternative eigentlich keine Wahlen sind.

Padreic
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Di 21. Feb 2012, 23:52 - Beitrag #42

Es ist interessant zu beobachten, dass von verschieden Leuten von sich gegenseitig ausschließenden Gleichschaltungen gesprochen wird. Dann kann die Lage ja nicht so schlimm sein... die Gleichschaltung der Medien, Sarazins Thesen zu loben, ist aber natürlich unverkennbar.

Ernsthafter: Risikoangst und geistige Faulheit führen ganz automatisch zu einer gewissen Gleichschaltung, recht unabhängig von der konkreten Gesellschaft. Diese "Gleichschaltung" kann mehrere Kanäle haben, es können sowohl kommunistische als auch Manchester-kapitalistische Medien ohne Probleme nebeneinander existieren, im jeweiligen Kanal jeweils gleichgeschaltet. Auch als nicht-Mediengestalter schwimmt man die meiste Zeit eher im Kanal als wirklich nachzudenken, sich unvoreingenommen Informationen von verschiedensten Seite zu holen etc. - das ist nämlich wirklich aufwendig und kann auch zu unliebsamen Ergebnissen führen. Die meisten Medien des "Mainstreams" sind natürlich höchstens an kleinen Korrekturen des "Systems" interessiert und wollen es nicht völlig umstoßen (meiner Meinung nach zurecht...).

Und ich kann nochmal betonen: mir scheint Gauck zumindest in Teilen ein wenig aus diesen Kanälen auszubrechen.

janw
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Mi 22. Feb 2012, 15:57 - Beitrag #43

Es mag den Anschein haben, daß sich die verschiedenen Gleichschaltungs-/Rudelbildungseindrücke teilweise widersprechen, mir ist das allerdings bisher nicht aufgefallen. Ich denke, viele der von einigen gesehenen Widersprüche lösen sich auf, wenn die betreffenden Einzelproblematiken als Ausdruck einer größeren Angelegenheit verstanden werden.
Wäre sicher mal ein interessantes Thema...

Ich antworte auf das Weitere mal hier, weil es vielleicht verstehen hilft, welche Probleme ich mit einigen bisherigen Äußerungen von Gauck habe.
Zitat von Padreic:Ernsthafter: Risikoangst und geistige Faulheit führen ganz automatisch zu einer gewissen Gleichschaltung, recht unabhängig von der konkreten Gesellschaft. Diese "Gleichschaltung" kann mehrere Kanäle haben, es können sowohl kommunistische als auch Manchester-kapitalistische Medien ohne Probleme nebeneinander existieren, im jeweiligen Kanal jeweils gleichgeschaltet. Auch als nicht-Mediengestalter schwimmt man die meiste Zeit eher im Kanal als wirklich nachzudenken, sich unvoreingenommen Informationen von verschiedensten Seite zu holen etc. - das ist nämlich wirklich aufwendig und kann auch zu unliebsamen Ergebnissen führen. Die meisten Medien des "Mainstreams" sind natürlich höchstens an kleinen Korrekturen des "Systems" interessiert und wollen es nicht völlig umstoßen (meiner Meinung nach zurecht...).

Du meinst, daß Risikoangst und geistige Faulheit Menschen träge machen, daran hindern, aktiv zu werden oder zu sein, und dieses teilweise auch als Gruppenverhalten.
Nun, es gibt unter den Menschen die Aktiven und die weniger Aktiven und alle Abstufungen dazwischen. Und zwar unabhängig von Bildungsgrad, sozialer Herkunft oder Vermögen. Risikobereitschaft oder Vorsicht sind in meinen Augen stark biographisch beeinflusst, außerdem durch das als "Suchtpersönlichkeit" bekannte Syndrom, das nicht von Lebensumständen abhängig ist. In jedem Falle ist auch das Lebensalter zu berücksichtigen, Lebenserfahrung wirkt durchaus deutlich modulierend.
Das Problem an Deiner Feststellung ist, daß sie - Du meinst es sicher nicht so - als denunziatorisch verstanden werden kann: Man beobachtet, daß im Leben eines Menschen wenig Veränderung ist, wobei er vielleicht sogar eine Veränderung gut brauchen könnte, z.B. eine neue Arbeitsstelle. Man legt sich darauf fest, daß "das doch nicht möglich sein könne, wer sich regt, der findt schon was", man muss nur mal etwas wagen. Also hält bzw. erklärt man ihn für risikoscheu. Man sieht auch nicht so recht, was er so macht, seine geistige Aktivität erschließt sich auch nicht so recht, also wird er wohl geistig nicht so aktiv sein.
Daß dieser Mensch aufgrund seiner Qualifikation tatsächlich im ländlichen Maschinenbau oder ähnlichem völlig über/daneben qualifiziert ist, in dieser Zeit einen umfangreichen historischen Roman schreibt und ein Fernstudium absolviert und einfach nicht so der extrovertierte Typ ist, dazu um die 50 ist und zwei Kinder am studieren und ein Haus auf dem Land bewohnt, wird dabei nicht beachtet.
Menschen wandeln Wahnehmungen sehr schnell in Urteile, die ebenso schnell zu Verurteilungen werden, mit entsprechenden sozialen oder sogar legalen Folgen.
Wir haben eine Kultur des Erfolgslobs, und viele der wahrgenommenen Erfolgreichen sind durch Risiko zum Erfolg gekommen.
Daraus ein Lob der Risikobereitschaft zu machen, übersieht aber, wievielen ihre Risikobereitschaft zum Verhängnis wird. Eine Gesellschaft muss immer alle umfassen, die Kinder und Jugendlichen, die 20-35-Jährigen, die zwischen 35 und 50, die bis 65 und die Alten, eine Gesellschaft der Jungdynamischen würde schnell an fehlendem Überblick und Erfahrung zugrunde gehen, eine Gesellschaft der Hasardeure wäre das Grauen.
Ich selbst bin einer, der beruflich volles Risiko geht, weil anderes nicht geht.
Und weil es keine gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung mehr gibt, habe ich auch hier keinen Schutz. Ich bekomme keine Versicherung dafür, null, nada niente. Breche ich mir ein Bein mit Gehverlust und finde keine alternative Möglichkeit, belohnt dieses Land meine Risikobereitschaft mit der vollen Machtwirkung von Hartz IV.

Daß Medien durch Konzernbildungen zu einer Gleichrichtung neigen, ist offensichtlich und bekannt. Aktuelles Beispiel ist in Hannover die Presse aus dem Hause Madsack, die sich in der Wulff-Ära immer unkritisch bis teils lobhudelnd-anbiedernd verhalten hat.
Ich empfinde das als schlimm, als Vernachlässigung des Warum der Pressefreiheit. Pressefreiheit ist in meinen Augen Freiheit zur kritischen Aufmerksamkeit, zur Kritik, nicht zur Bemäntelung und Beweihräucherung.
Bei den öffrechtlichen Medien ist dies noch etwas brisanter - sie werden ganz erheblich aus Gebühren finanziert, die jeder Besitzer eines Empfangsgerätes zahlen muss.
Hier ist investigativer Journalismus, ein Programm, das hinschaut und aufzeigt, das nachfragt und hinterfragt in meinen augen Pflicht, und die allabendliche Füllung der besten Sendezeit von ARD und ZDF mit Spielfilmen und Serien empfinde ich als dreiste Zumutung. Ebenso viele der talkshows - bei maischberger gestern ein Medizin-Professor, der wesentliche Erkenntnisse der Ernährungslehre verdreht und über Bord geworfen hat, unterstützt durch eine selbsterstellte Studie, die vom Design her völlig ungeeignet war, die Fragestellung zu beantworten.
In dem Moment, wo er aber wirklich etwas Wesentliches beitragen wollte, wurde er abgewürgt.
Das Problem ist nicht, daß diese Medien nur an kleinen Korrekturen des Systems interessiert seien, es nicht umstoßen wollen, vielmehr sind sie an gar keinen Änderungen des Systems interessiert. Selbst nicht an jenen, die dringend nötig wären.
Es sei denn, Änderungen werden von Macht, Geld und Ruhm gefordert.

Von daher, wer gebraucht die Freiheit wozu, mit welchen Absichten, wo greifen die Verhältnisse in die Freiheit von Menschen ein, und wo stehen Menschen hinter diesen Verhältnissen und profitieren davon?
Darauf wäre zu sehen, wenn Freiheit in Verantwortung einen realen Wesensgehalt bekommen soll.

Lykurg
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Mi 22. Feb 2012, 17:11 - Beitrag #44

janw, leider fehlt mir die Zeit, mich gründlich dazu zu äußern; vielleicht hätte ich mich zuletzt gleich klarer ausdrücken sollen, statt ein Fremdwort zu schaffen, das hätte vielleicht einiges erspart.

Was ich meine, ist, daß die Unsozialität, die Gauck insbesondere wegen der HartzIV-Äußerung vorgeworfen wird, Unsinn ist (der teilweise von interessierten Kreisen gezielt verbreitet wird). Selbstverständlich hat für ihn als eine bedeutende Figur der DDR-Bürgerbewegung der Begriff "Montagsdemonstration" einen besonderen Stellenwert, entsprechend muß es ihm auch nicht gefallen, wenn andere den Begriff für sich in Anspruch nehmen, ganz egal wie legitim ihr Ansinnen ist: Wenn Hartz-IV-Empfänger oder Friedensdemonstranten das unwidersprochen tun können, dann auch Ärzte, aber auch Metallarbeiter, Hochseilartisten und Kaninchenzüchterverbandsgruppen. Die wollen das vielleicht (und den Linken würde das auch gerade so passen!), ich aber nicht.

Leider grassiert da im Moment eine ziemlich aufgeregte Desinformationskampagne mit verkürzten, aus dem Zusammenhang gerissenen und verkürzt gedachten Zitaten, scheint (nicht nur) mir. Ein bißchen was dazu hier; auch dieser Blogeintrag ist nicht sauber durchgearbeitet, aber weist wesentlich besser nach als eine ganze Menge Zeug, das ich bei flüchtigster Lektüre im Netz finden konnte.

Ipsissimus
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Mi 22. Feb 2012, 17:32 - Beitrag #45

das Problem dabei ist nur, dass Gauck keine bedeutende Figur der Montagsdemonstrationen war. Er hat sich in Rostock erst gerührt, als in anderen Städten die Demonstrationen schon längst am laufen waren und es klar war, dass es nur noch eine Frage der Zeit und infolgedessen relativ risikolos ist. Danach hat er infolge seiner gewaltigen darstellerischen Fähigkeiten allerdings eine starke Präsenz in den Medien erkämpft. In der DDR wurde ihm das durchaus übel genommen, wenngleich aus meiner Sicht nicht übel genug.

Ganz allgemein habe ich das Gefühl, dass die Diskussion auf zwei Ebenen stattfindet, die sich gegenseitig verfehlen. Auf der einen Seite werden quasi objektivierte Gründe dafür gesammelt, dass er der Heilsbringer ist, der das Amt aus dessen Krise herausführt. Auf der anderen Seite wird subjektives Unbehagen artikuliert. Ich denke, die beiden Ebenen haben sich wenig zu sagen.

Padreic
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Mi 22. Feb 2012, 21:39 - Beitrag #46

Als einen Heilsbringer würde ich ihn sicherlich nicht sehen, schon allein, weil das Amt, das er wohl antreten wird, in meinen Augen kein besonderes wichtiges ist. Es ging (mir) darum, einen (in meinen Augen) positiven Zug an ihm zu betonen, der ihn von Leuten wie z. B. Wulff abhebt. Er hat ohne Zweifel (wie jeder Mensch) auch einige schlechte Seiten.

@janw: Mir ging es um ein bisschen was anderes (ich hatte mich aufgrund mangelnder Zeit ein bisschen verkürzt ausgedrückt). Selbst nicht von großen Konzernen beherrschte Medien bewegen sich normalerweise in gewissen Meinungskanälen. Tritt man da mit einem Beitrag raus, kann man schon einmal Schelte oder Probleme bekommen. Dieses Risiko scheuen so einige Medienleute - sie versuchen lieber, harmlos zu bleiben, anzugreifen nur dort, wo auch andere angreifen, wo angreifen anscheinend akzeptiert ist; quasi den Leuten nach dem Mund zu reden [für die meisten Medien zumindest war Wulff anzugreifen mit das risikoloseste, was es gab]. Das sollte idealerweise aber nicht das Kriterium sein. Die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen kann man da auch kaum von Kritik ausnehmen.
Ein generelles Loblied des Risikos zu singen, war gar nicht meine Absicht; aber von einem Journalisten wünsche ich mir natürlich schon, dass eine möglichst gute Erfassung der(/einer?) Wahrheit in den Vordergrund stellt.

Maglor
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Mi 22. Feb 2012, 22:15 - Beitrag #47

Fast alle seine bisher in bundesrepublikanischer Zeit vertretenen politischen Positionen sind in der Sache, mehr noch ideologisch der konservatien CDU am nächsten. In allen wesentlichen Punkten ist er den rot-grünen Programmatiken entgegengesetzt. Das ist meines Erachtens trotz aller journalistischer Desinformation nicht zu leugnen.

Ich unstelle, dass SPD und Grüne ihn deshalb 2010 zum Kandidaten gemacht haben, weil sie eben in der Bundesversammlung im gegnerischen Lager fischen wollten. Und das hat damals ja auch ganz gut funktioniert und einen dritten Wahlgang erzwungen.
Und die parteipolitische Taktik wird als Gutmenschentum verkauft. :crazy:

Ipsissimus
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Do 23. Feb 2012, 01:32 - Beitrag #48

Gauck ist aus meiner Sicht eindeutig der falsche Mann. Dass er sich als Bürgerrechtler feiern und mit den Geschwistern Scholl vergleichen lässt - lachhaft, aber letztlich pillepalle. Dass er nie verstanden hat, dass die Freiheit, die er in der DDR angeblich vermisste, und die Freiheit, die der Westen meint, zweierlei paar Schuh sind, da wird es interessant. Oder hat er es schon immer verstanden und nur mit der Verwechslung gespielt? Denn dass er Mitglied des elitären Thinktanks "Atlantisbrücke" wurde, dessen Sponsoren hauptsächlich aus dem Finanz- und Kreditwesen, der Stahl-, Auto- und Rüstungsindustrie stammen, verdeutlicht vollends, was von ihm letztlich zu erwarten ist: kalte neoliberale Ideologie. Schön für ihn, dass er im konservativen Teil West-Deutschlands angekommen ist. Ein Präsident aller Deutschen wird er niemals sein.
"Wir stellen uns nicht gerne die Frage, ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen." (Welt-Online 7.6. 2010)
Schön, dass das sein Problem ist. Andere kämpfen täglich ums Überleben, in diesem unseren Deutschland der sozialen Eiseskälte.

Padreic
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Do 23. Feb 2012, 10:18 - Beitrag #49

Wer wäre deiner Meinung nach denn ein geeigneterer Kandidat?

Ipsissimus
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Do 23. Feb 2012, 13:56 - Beitrag #50

fraglich, ob wir das Amt überhaupt brauchen, aber sei es drum. Ich fand die Überlegungen der Linken mit Beate Klarsfeld ganz apart^^ aber das zeigt natürlich nur, dass ich mich dem tierischen Ernst der Wichtigkeit des Amtes nicht wirklich stelle^^ obwohl, eine Nazijägerin und Antifaschistin stünde Deutschland nicht wirklich schlecht^^ ansonsten ganz allgemein jemand, der/die ein wirkliches Gegengewicht zum Industrie- und Wirtschaftslobbyismus zuzutrauen wäre und nicht schon durch langjährige Zugehörigkeit zur Kaste suspekt ist.

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Do 23. Feb 2012, 14:13 - Beitrag #51

ansonsten ganz allgemein jemand, der/die ein wirkliches Gegengewicht zum Industrie- und Wirtschaftslobbyismus zuzutrauen wäre
Wäre ihr das zuzutrauen? Meines Erachtens handelt es sich bei der Nominierung um eine kleine Ohrfeige für die CDU und dem Hinweis an die über 70jährigen, daß sie in jedem Fall den Bundespräsidenten stellen, egal ob männlich oder weiblich. ;) Aber darüber hinaus bin ich eher skeptisch. Beate Klarsfeld hat durchaus ihre Verdienste, einen Impuls für das Amt sehe ich in ihrer Nominierung aber ebensowenig wie ein aktuelles Programm. Der Umgang mit der deutschen Vergangenheit liegt durchaus in der Verantwortung des Amtsträgers, aber so...?

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Sa 25. Feb 2012, 13:32 - Beitrag #52

und dem Hinweis an die über 70jährigen, daß sie in jedem Fall den Bundespräsidenten stellen, egal ob männlich oder weiblich.
na ja, die beiden letzten, unter 70jährigen Bundespräsidenten waren nicht unbedingt ein Hinweis auf die gesteigerte Klasse der Jüngeren^^

Am neuen BP Gauck führt kein Weg mehr vorbei. Trotzdem kann man diskutieren, ob es nicht eine bessere Wahl gegeben hätte. Und was ernstzunehmende Kriterien für die Angemessenheit der Kandidaten gewesen wären. Es ist wohl im wesentlichen der Personalie Wulff zu verdanken, dass die persönliche Integrität der Kandidaten einen derart hohen Stellenwert erhalten hat, dass andere Qualitäten dahinter nahezu irrelevant wurden. Was wäre z.B. die Klarsfeld für eine Ansage an die Neo- und Altnaziszene Deutschlands gewesen. So haben wir eine klare Ansage an die Ärmsten der Gesellschaft, zieht euch noch wärmer an, der hochethische Widerständler selbst erklärt euch, dass ihr Versager und an eurem Elend selbst schuld seid.

Traitor
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So 26. Feb 2012, 00:55 - Beitrag #53

fraglich, ob wir das Amt überhaupt brauchen, aber sei es drum.
Ich hätte mich auch gefreut, wenn die Konsequenz aus zwei Flops in Folge gewesen wäre, das Amt abzuschaffen, aber das wäre sicher unrealistisch gewesen.
Es ist wohl im wesentlichen der Personalie Wulff zu verdanken, dass die persönliche Integrität der Kandidaten einen derart hohen Stellenwert erhalten hat, dass andere Qualitäten dahinter nahezu irrelevant wurden.
Das trifft es ziemlich gut. Das Amt des Präsidenten war nie dazu da, aktiv Politik zu betreiben, deshalb sind seine Detailansichten zur Sozial- oder Außenpolitik gar nicht mal so wichtig. Integrität und Charisma waren immer schon wichtiger, und sind es jetzt ganz besonders. Nicht nur, um das Präsidentenamt zu retten (um das es, wie gesagt, nicht mal so schade wäre), sondern auch, um weiteren Schaden vom gesamten politischen System abzuwenden, für das er zumindest nach außen halt immer noch eine Repräsentationsfunktion hat.

Neben der Integrität schätze ich an Gauck vor allem seinen erfrischend intellektuellen Stil. Der kann ihm aber auch leicht zum Verhängnis werden, wenn er es nicht schafft, dabei mehr Prägnanz hereinzubringen, denn dann würden seine Äußerungen weiterhin so leicht falsch verstanden oder aus dem Kontext gerissen werden, wie es zuletzt passierte.

Und man sollte das Präsidentenamt halt auch nicht zu monothematisch verengen - ist die Naziszene wirklich das größte Problem Deutschlands, sodass man eine Kampfpräsidentin gegen sie ansetzen sollte? Einerseits hätte die Linke damit zumindest eine deutlich spannendere Kandidatur zu bieten als mit der apolitischen Witzfigur Sodann oder der grauen Jochimsen. Andererseits ist es halt meines Erachtens am Amt vorbei. Außerdem gibt sie mit dieser Entgegensetzung ja quasi zu, Nazis und Stasi stünden auf einer Stufe, ob das wirklich in ihrem Sinne ist? ;)

Jetzt aber erstmal abwarten, ob der Haufen sich überhaupt auf Klarsfeld einigen kann. Ipsi, Butterwegge dürfte doch stark nach deinem Geschmack sein?

Ipsissimus
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So 26. Feb 2012, 03:12 - Beitrag #54

Butterwegge kenne ich fast gar nicht, dazu kann ich also nichts sagen. Immerhin ist es sehr sympathisch, wenn sie für mehr direkte Demokratie ist^^ oder ist ihr Mann gemeint?

das kommt wohl auf den Fokus an, wie wichtig das Thema "rechte Gewalt" derzeit eingestuft wird. Es spricht imo nichts dagegen, wenn der Präsident eine gewisse Aktualität beweist. Aber soviel ich weiß, ist die Klarsfeld nicht mehr im Kreis der Kandidaten dabei.

Schaun wir mal, wie Gauck seine Chance nutzt^^

Traitor
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So 26. Feb 2012, 14:06 - Beitrag #55

Die Frau war mir wiederum unbekannt, in die Diskussion kam am Freitag oder so ihr Mann Christoph, beworben als "Hartz4-Kritiker". Wenn Carolin ihn selbst vorgeschlagen haben sollte, würde ihn das aber natürlich zum perfekten Wulff-Nachfolger machen. ;)

janw
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So 26. Feb 2012, 16:43 - Beitrag #56

Es muss sich auf ihn beziehen, sie ist als Jahrgang 1974 formal noch zu jung für das Amt.
Er ist sicher ein sehr kompetenter Kritiker der sozialen Entwicklungen, damit aber auch wieder etwas monothematisch geprägt. Ich fürchte, daß er mehr Erwartungen wecken würde, als er im Amt befriedigen könnte, da das Amt einfach keine administrative Funktion bietet, sieht man von der Prüfung von Gesetzen auf Verfassungskonformität und ihre Abzeichnung ab.
Ich würde ihn lieber als Sozialminister sehen.

ThreeOfFour
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Mo 27. Feb 2012, 16:25 - Beitrag #57

Es gibt nun Stimmen in der Linken die wollen das man der Bundesversammlung fern bleibt, als "Protest" und um die "19 % die Gauck nicht wollen zu ernst zu nehmen" (Übersetzung: Stimmen! Wir wollen eure Stimmen! Linke 19% 2013!!)

Einerseits denke ich mir da das die Linke als Volksvertreter gefälligst ihren kollektiven Arsch auf die Bänke setzen soll wenn das Staatsoberhaupt gewählt wird und dann halt mit Nein stimmt wenn es ihnen nicht passt.
Das ist ihre Job in einer representativen Demokratie, nicht Wahlkramträchtig sich beleidigt in die Ecke stellen.
Die 19% die Gauck nicht wollen? Was ist mit den Wasweisichwieviel% die Linke Politiker als ihre Vertreter gewählt haben und damit erwarten das diese sie in der Bundesversammlung vertreten?
Ab nem gewissen Punkt gehts da auch ums prinzip.

irgendwie hab ich das gefühl die Linke mutiert auf dauer zur deutschen antwort die die Tea Party was so verhalten angeht.



Und wenn ich auf Faz.net bei den meinungen schonwieder lese das alle die gegen Klarsfeld sind latenten antisemitismus beweisen geht werd ich schonwieder misanthrop.

janw
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Mo 27. Feb 2012, 22:32 - Beitrag #58

Da muss ich Dir recht geben, ToF.
Ich finde es gut, daß es einen Alternativvorschlag gibt, schon um wirklich eine Wahlmöglichkeit zu haben, aber dann sollten die Mitgleider der Bundesversammlung ihr Mandat auch ernst nehmen und teilnehmen.
Letztlich zeigt auch die Erfahrung, daß das Stimmverhalten in der Bundesversammlung durchaus quer zu den Parteigrenzen verlaufen kann, insbesondere durch die von den Parteien eingebrachten freien Mitglieder, die ihre Gewissensverpflichtetheit oft sehr ernst nehmen.

Die Sache mit dem Antisemitismus ist wirklich ein heißes Eisen, für manche liegt die Grenze tatsächlich bei Kritik am Staat Israel.

Maglor
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Mo 27. Feb 2012, 22:57 - Beitrag #59

Früher haben sie doch auch immer für den Antifaschistischen Block gestimmt. :crazy:

Ich will einen mutigen Kandiaten, der jetzt schon damit droht, seinen grundgesetzlichen Pflichten auszuüben.
Ich will einen Präsidenten
    der den Schneid besitzt, verfassungswidrige Gesetze nicht zu unterschreiben.

    der den parlamentarischen Pfuschern die Leviten liest.
    der nicht mehr zu allem Ja und Amen sagt.
    der bei offensichtlichen Verfassungsbrüchen nicht auf den Klageweg bei Bundesverfassungsgericht verweist, sondern selbst handelt.
    der sich nicht mehr durch erlogene Vertrauensfragen sehenden Auges zur Bundestagsauflösung verarschen lässt.
    der die Parlamente endlich in die Pflicht, eines verfassungsgemäßen Bundestagswahlrecht vorzulegen oder das Problem Sicherungsverwahrung zu lösen.
    der im Sinne der Gewaltenteilung als Gewalt wirkt und nicht als Strohpuppe von der Regierung oder gar der Parteien erscheint.

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Di 28. Feb 2012, 01:34 - Beitrag #60

du willst eine Figur aus dem Märchenbuch

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