Scientology

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Amy
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Sa 13. Mär 2010, 01:44 - Beitrag #21

Zwar mittlerweile schon wieder ein verstaubter Thread, aber da ich mich die letzten Tage wieder aktiver damit auseinander gesetzt habe:

Egal, wie dieses "Wollen wir die Welt säubern?" zu sehen ist und welche Bedeutung es hat ... selbst jetzt stellen sich mir noch die Nackenhaare auf. Zusammen mit Tom Cruises Mimik und der restlichen Körpersprache, dem Tonfall, allem... ich weiß nicht. So ein Unbehagen empfinde ich nebenbei nicht bei Ansprachen des Papstes ;)

Auch in anderen Videos präsentiert sich Cruise als fanatischer Anhänger. Neulich sah ich eines, in welchem man glatt hätte Angst vor ihm hätte haben können.
Cruise hin oder her - Fanatiker jeglicher Religionen sollten kritisch betrachtet zu werden. Und auch Scientology als ganze Organisation/Sekte.

Natürlich ist es jedem überlassen, zu glauben, woran er mag (die Xenu-Theorie findet bei den SciFi-Fans sicherlich viele Anhänger ;)), nur sollte man dieses Argument nicht immer in Zusammenhang mit Scientology oder anderen unterdrückerischen Sekten bringen.

Jüngstes Beispiel ist der Aussteiger Lino, der bei SternTV im Februar auspackte. Linos ganze Geschichte hat mich berührt, das Leid, das der ganzen Familie angetan wurde.

Nur einmal ein Zitat aus dem Artikel:

Das Verhältnis zu seinen Eltern wird währenddessen immer schlechter. Lino Bombonato hält nur wegen des Geldes Kontakt zu ihnen - denn eine Scientology-Mitgliedschaft kostet. Weil sein Vater die Sekte aber ablehnt, kann Lino Bombonato innerhalb der Organisation nicht weiter aufsteigen. Eine letzte Chance, das zu ändern, scheint der Selbstmord. Die Scientologen haben Lino eingeredet, nach seinem Tod könne er in einer "besseren Umgebung", also mit Eltern, die selbst Scientologen sind, wiedergeboren werden.


Tut mir leid - meinetwegen könnt ihr jetzt mit korrekten 1A-Argumenten kommen, aber sowas geht gar nicht. Lino war zu dem Zeitpunkt, als er zu Scientology kam, fünfzehn Jahre alt. Wie alt er zu dem Zeitpunkt des Selbstmords war, weiß ich nicht, aber egal, ob es sich hier um einen Minderjährigen handelt oder nicht ... es ist ein Mensch.
Hin und wieder lese ich in den Nachrichten davon, dass Leute übers Web mit Mobbing andere Menschen in den Selbstmord getrieben haben und dafür bestraft werden. Hier wurde ein Mensch direkt in den Selbstmord getrieben (den Lino knapp überlebte) und es ist nichts passiert [bitte bringt mir jetzt keine Vergleiche mit Selbstmordattentäter ;)].

Am 31. März 2010 zeigt die ARD einen Spielfilm über Scientology, besser gesagt, über eine Familie, die durch Scientology zerstört wurde. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.
Die Organisation versucht im Moment natürlich alles, dass der Film nicht ausgestrahlt wird, aber ich schätze, dass sie in dem Punkt relativ wenig Chancen haben.
Dass es heikel ist, wussten auch Produzenten & Co., die den Film unter falschen Titel und falschen Fakten gedreht haben. Scientology hat dennoch Wind davon bekommen und das Set mit Telefon-Terror belagert.

Ich habe mir den Thread nicht mehr konkret durchgelesen, aber wurde eigentlich schon einmal die Fair Game Policy von Scientology angesprochen? Ich zitiere:
Eine Person, die in den Ethik-Zustand des Feindes zurückgestuft worden ist, gilt als vogelfrei: man darf ihm Eigentum abnehmen, ihn in jeder Weise verletzen, ohne daß man von einem Scientologen bestraft wird. MAN DARF IHM STREICHE SPIELEN, IHN VERKLAGEN, IHN BELÜGEN ODER IHN VERLETZEN" (Kaufman: "Übermenschen unter uns", S. 143).
"May be deprived of property or injured by any means by any Scientologist without any discipline of the Scientologists. May be tricked, sued or lied to or destroyed" (Foster Report S. 129).


Destroyed - ein ziemlich eindeutiges, hartes Wort.
Und wenn ich sowas lese, muss ich auch wieder an Tom Cruises "Clean"-Worte denken.
Nicht umsonst hüllen sich die Kritiker in absolute Anonymität. Hat Scientology einmal von deiner Identität und deiner "Gegner"-Zugehörigkeit erfahren, kleben sie einem wohl ewig an den Fersen.

In Bezug auf Lino noch einmal ein Zitat aus dem SternTV-Artikel:
Scientology hat Lino Bombonato fast alles genommen - in Ruhe lässt ihn die Sekte trotzdem nicht. Die Scientologen versuchen im Internet seinen Ruf zu ruinieren, setzen Persönliches gegen ihn ein. Lino Bombonato versucht dennoch, nach vorne zu schauen: Er will seine Schulden zurückzahlen. Und er will einen Beruf erlernen - am liebsten einen, in dem er anderen Menschen helfen kann. "Ein normales Leben führen", sagt Lino Bombonato, dass sei sein Wunsch.


Linos Fall ist eines von vielen. Die Dunkelziffer liegt wohl sicherlich noch um einiges höher.
Anonymous - die Kritiker von Scientology - werben auf der Straße gerne mit Flyern, auf welchem das Schicksal von Lisa McPherson festgehalten ist.
Für alle, die nicht extra googlen wollen, hier der Text von Wikipedia:

Am 18. November 1995 wurde Lisa McPherson in einen kleineren Autounfall verwickelt. Sie wurde nicht verletzt, war jedoch verwirrt und riss sich die Kleider vom Leib. Sie wurde in ein Krankenhaus eingeliefert und sollte von dort zur Untersuchung in eine psychiatrische Klinik verlegt werden. Dies wurde jedoch durch das Auftauchen zweier Mitglieder der Scientology-Sekte verhindert, die McPherson als Scientologin auswiesen und behaupteten, dass sie als solche mit der Psychiatrie nichts zu tun haben wolle, sondern lediglich „Ruhe und Entspannung“ brauche.

Über die weiteren Ereignisse in der Zeit zwischen dem 18. November und dem 5. Dezember ist wenig bekannt. Fest steht, dass McPherson in ein Haus der Scientology-Organisation gebracht wurde und dort tagelang kein Trinkwasser verabreicht bekam. Der gerichtsmedizinischen Untersuchung zufolge gilt ein durch den schweren Wasserverlusts und die Bettruhe entstandenes Blutgerinnsel als Todesursache.

Am 5. Dezember 1995 wurde die in einem schlechten Zustand befindliche Leiche von Lisa McPherson durch Scientology-Mitglieder zum New Port Richey Hospital im Norden von Clearwater, Florida, gebracht.


Und nur so am Rande: Es gab keine Verurteilungen. Das Verfahren wurde wieder eingestellt.
In Bezug auf die Fair Game Policy verlautet Hubbard zusätzlich, dass es egal ist, ob ein Verfahren gegen Kritiker gewonnen wird oder nicht. Einziges Ziel wäre, die Kritiker einzuschüchtern, zu ängstigen und zu verunsichern.
Wen eine Organisation wie Scientology Stars wie Tom Cruise, Katie Holmes, John Travolta, Will Smith und Kirstie Alley im Nacken hat, sorgt man sich auch nicht um die Kosten einer verlorenen Klage.

Alles in allem finde ich die Bezeichnung, dass Scientology "die neue Form des politischen Extremismus" sei, wie Ursula Caberta es ausdrückte, mehr als passend. Und meiner Meinung nach - Paranoia hin oder her - wird Scientology zu sehr unterschätzt.

Makeda
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Sa 13. Mär 2010, 13:45 - Beitrag #22

Eine sehr gute, aufschlussreiche Doko mal in einer Mediathek gefunden...ob ich sie hier reingestellt habe, weiß ich nicht mehr...
in der Mediathek nichts mehr gefunden, aber dafür bei YoutubeHirnwäscher-Wie gefährlich ist...

e-noon
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Sa 13. Mär 2010, 14:42 - Beitrag #23

Zitat von Amy:...Natürlich ist es jedem überlassen, zu glauben, woran er mag [...] nur sollte man dieses Argument nicht immer in Zusammenhang mit Scientology oder anderen unterdrückerischen Sekten bringen...

...Tut mir leid - meinetwegen könnt ihr jetzt mit korrekten 1A-Argumenten kommen, aber sowas geht gar nicht...

...[bitte bringt mir jetzt keine Vergleiche mit Selbstmordattentäter ]...

Irgendwie weiß ich jetzt nicht wohin mit meinen 1A-Argumenten :D

Erstmal soviel: Was ich auf der ersten Seite gesagt habe, gilt hier unvermindert:
Der beste Schutz gegen Organisationen dieser Art ist immer noch ein kritisches wissenschaftliches Weltbild

Hätte der Junge die Idee mit dem Lügendetektor mal lieber direkt empirisch überprüft, anstatt nach 7 Jahren, 8000 Euro Schulden, Entfremdung von der Familie und Selbstmordversuch. Nur so ein Tipp. Im Nachhinein ist ihm das hoffentlich klar.
Die Eltern... zumindest von 15 - 18 hatten sie die Erziehungsberechtigung, warum ist nichts passiert? Der Tipp mit dem Lügendetektor hätte von ihnen kommen können... Warum haben sie nicht die Anti-Scientology-Organisation informiert?

May be tricked, sued or lied to or destroyed
Jeder Mensch darf von jedem Menschen belogen oder verklagt werden. Es gibt keine Gesetze gegen Lügen (es sei denn, es kommt Vertragsbruch o.ä. mit ins Spiel). Wie sollte eine Organisation wie Scientology denn auch sonst funktionieren? :rolleyes:

"Tricked" - kann alles sein. Destroyed - darf/soll man auch im Islam, zumindest nach Scharia-recht, wenn man Abtrünnige findet. Ich denke nicht, dass Scientology sich da so sehr heraushebt. Das, was Scientology von anderen unterscheidet, ist imo die immense Verschuldung, die sich tatsächlich eher bei "Sekten" als bei "Religionen" findet (die inhaltlich natürlich gleich oder ähnlich sind, aber in den Methoden oft nicht).

Habe mir mal grade das Video von Scientology auf deren Webseite angeschaut... Atheismus dürfte ein ziemlich guter Schutz gegen diesen geistigen Dünnschiss sein :D Bei mir schrillen jedenfalls die Alarmglocken, wenn es heißt,
"Wir glauben an die unveräußerlichen Rechte jedes Menschen [...] und dass allein Gott diese Rechte aufheben oder einschränken kann, im öffentlichen oder verborgenen."

In anderen Worten: Natürlich hast du hier alle Menschenrechte... bis auf die, die unsere Priester dir nehmen, also Gott natürlich, aber unsere Priester sind so nett, es dir mitzuteilen. ^^

Für einen Christen klingt das mitunter überhaupt nicht bedrohlich und despotisch, sondern völlig normal und logisch. Klar kann Gott jederzeit entscheiden, ob und welche Rechte ich hab... :rolleyes:

Maglor
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Sa 13. Mär 2010, 18:45 - Beitrag #24

Scientology ist eine ganze normale Sekten, vergeichbar mit anderen Sekten oder zumindest sektenähnlichen Gemeinschaften wie den Zeugen Jehovas, dem Kartäuser-Orden oder den Roten Garden der Kulturrevolution.
Scientology ist der ganze normale Wahnsinn, eigentlich nichts besonders. :crazy:
Dass dabei Menschen kaputt gehen, liegt in der Natur der Sache.

e-noon
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So 14. Mär 2010, 12:10 - Beitrag #25

Genau das wollte ich mit meinem Beitrag eigentlich auch sagen :D

Amy
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So 14. Mär 2010, 14:04 - Beitrag #26

Also ist es euch mehr oder weniger egal, oder?
Scientology ist eine "böse Sekte", es gibt viele böse Sekten - daher: was soll's!

Ihr spendet dann auch nicht für bestimmte Katastrophen, mh? ;) Weil es gibt ja so viele Katastrophen und arme Leute auf der Welt.

Nur weil Scientology eine gefährliche Sekte unter vielen ist, ist das Thema gegessen, wie es scheint.

Ipsissimus
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So 14. Mär 2010, 16:49 - Beitrag #27

"egal" ist eher nicht der springende Punkt. Es gibt einfach Grenzen der Empathie. Wenn mensch sich von allem belasten und betreffen lassen will, wird es in den Wahnsinn driften. Während du dich hier auf Scientology konzentrierst, entgeht dir da das Schicksal misshandelter Kinder in katholischen Einrichtungen. Konzentrierst du dich auf die, übersiehst du das Leid ukrainischer Frauen, die in die Prostitution gezwungen werden. Schaust du dort genauer hin, merkst du nichts von den 100000 Toten im Bürgerkrieg in Sri Lanka. Fokussierst du dich darauf, weißt du nichts von den Straßenkindern in Medellin, die mit 6 Jahren schon 10 Morde auf dem Gewissen haben, ohne zu wissen, was ein Gewissen sein soll. Schaust du dorthin, werden auf den Philippinen Müllkinder ausgesetzt. Und guckst du überall genau hin, entgeht dir das vergewaltigte Kind beim Nachbarn nebenan. Niemand kann sich von allem gleichermaßen belasten lassen, was anderen Menschen gerade wichtig ist. Niemand trägt das Kreuz der Welt. Darüber reden, gerne, in jedem Ausmaß, das die Zeit und eigene Notwendigkeiten zulassen. Belasten lassen - niemals in dem Maße, wie die Dinge es sachlich verdient hätten. Das ist schlicht menschenunmöglich

e-noon
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So 14. Mär 2010, 17:06 - Beitrag #28

Außerdem kommt bei Scientology noch erschwerend hinzu, dass sie meist in Industrieländern (Europa, Amerika) auf Bauernfang sind, und dass sie dazu eher passive als aktive Methoden benutzen. Wenn sie - wie die Mafia auf Sizilien - an die Tür klopften und mit Waffengewalt den Eintritt in ihre Sekte forderten, wäre mein Widerstand um einiges größer. Aber sie zwingen ja niemanden dazu, sein Gehirn abzutreten - und ehrlich gesagt habe ich mit Menschen, die sich aus Dummheit oder selbstverschuldeter Unmündigkeit freiwillig in eine Sekte begeben, weniger Mitleid, als mit Kindern, die in eine Religion hineingeboren werden, die ihnen ihr ureigenstes Wesen verbieten und schlecht reden will (z.B. Homosexuelle im amerikanischen Christentum).

Anders gesagt: Wer Scientology all sein Geld spenden will, der braucht es offenbar nicht wirklich. Der Satz passt auch schön mit "Gehirn" anstelle von "Geld" ^^

Amy
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So 14. Mär 2010, 17:53 - Beitrag #29

Zitat von e-noon:Aber sie zwingen ja niemanden dazu, sein Gehirn abzutreten


Das nicht, aber Scientology sucht sich immer die Leute aus, die am schwächsten sind. Jene, die bereits am Boden liegen.
Entweder sind sie emotional kaputt, in einer Identitätskrise oder allgemein verzweifelt. Es sind Menschen, die mit ihrem Leben nicht zufrieden sind und daran zerbrechen.
Und dann kommt plötzlich Scientology daher, sucht sich die Schwachen und verspricht ihnen das Blaue vom Himmel.
Natürlich kann man hier sagen "Selbst Schuld, wenn sie so dumm sind, das zu glauben", aber das ist mehr als herablassend. Nur weil man selbst nicht in einer solchen Lage ist, kann man nicht von sich auf andere schließen.

Wenn man wirklich am Boden ist und dann plötzlich eine Organisation ankommt, die einem Hilfe und "Rettung" verspricht, lässt man sich vielleicht darauf ein, weil man keinen Ausweg mehr sieht oder weil man wirklich Hilfe möchte und dabei im Affekt ausblendet, wie gefährlich das alles ist. Die Macht der Manipulation, die Scientology gekonnt beherrscht, mal außen vor gelassen.
Tatsächlich ist es auch Fakt, dass die meisten gar nicht wirklich wissen, um was es bei Scientology geht. Würde ich in meiner Familie mal von OT III, Xenu oder Dianetik ankommen, verstünde niemand etwas. Das hat nichts mit Dummheit zu tun, das ist einfach Wissen, das nicht die breite Masse besitzt (warum auch?).

Scientology sucht sich seine Mitglieder ja auch immer über sehr ausgefallene Wege. Ich habe da immer diese Nachhilfen im Kopf, die sich nicht öffentlich als Scientology-Nachhilfen ausweisen, aber die Kinder immer wieder mit ihrer Thematik belästigen und ihnen einprägen. Die Kleinen können in solchen Punkten noch nicht zwischen "gut" und "böse" unterscheiden, geschweigedenn wissen sie überhaupt, was es mit Scientology auf sich hat. Aber wenn der "nette Nachhilfelehrer", der immer weiterhilft, das sagt, "kann es ja nicht soo schlimm sein".
Vor allem junge Menschen lockt Scientology ja immer mit ihren Persönlichkeitstest ins Netz, wo sie so schnell auch nicht mehr rauskommen.

Selbst wenn sie rauskommen, finden sie ihren Frieden nicht. Dafür sorgt Scientology schon.
Bei anderen Sekten bin ich mir solchen Verhaltens nicht direkt bewusst, vielleicht bin ich da auch nicht so ausführlich informiert. Aber ich kenne zum Beispiel eine ehemalige Zeugin, die problemlos aussteigen konnte. Zwar ist sie für manche Mitglieder dann wie "gestorben", aber man hat sie nicht mehr belästigt. Steigt man aus der Kirche aus, wird man auch nicht vom Pfarrer genervt und verfolgt. Über "die Kinder Gottes" habe ich mal eine längere Reportage gesehen, kann mich aber erinnern, dass es da auch eher zutrifft, dass man als Aussteiger für die restlichen Mitglieder "gestorben" ist und der Kontakt abgebrochen wird. (Natürlich gibt es immer Ausnahmen - so wie türkische Frauen, die sich für den westlichen Lebensstil entscheiden, auch für die Familie gestorben sind und nicht immer ermordet werden, um die Ehre wieder herzustellen.)
Bisweilen sehe ich es nur bei Scientology so, dass sie selbst nach einem Ausstieg keinen Frieden geben und in schweren Fällen dann auch drastischer (Rufschädigung, Belästigung, etc.) vorgehen.

Ich habe seit kurzem Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe von Scientology-Aussteigern (speziell dessen Leiter, der auch in Kontakt mit Autoren und Journalisten steht, die sich mit Scientology auseinandersetzen), weil mich die ganze Angelegenheit sehr interessierte, und finde es einfach nur schrecklich, wie diese Menschen vor allem emotional zerstört werden, nachdem sie Scientology den Rücken zukehren.
Und bevor irgendwelcher Unsinn zusammengereimt wird - nein, ich bin keine Scientology-Aussteigerin. Diese "Religion" könnte ich mir alleine schon finanziell nicht leisten und Interesse an dem tollen Xenu ist auch gleich null ... :rolleyes:

e-noon
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So 14. Mär 2010, 18:29 - Beitrag #30

"Xenu" ist laut Scientology übrigens der böse intergalaktische Herrscher, der die hehren Thetanen getötet und versklavt hat... :rolleyes:

Das nicht, aber Scientology sucht sich immer die Leute aus, die am schwächsten sind. Jene, die bereits am Boden liegen.
Entweder sind sie emotional kaputt, in einer Identitätskrise oder allgemein verzweifelt.

So werden bei Scientology insbesondere verheiratete Angestellte mit überdurchschnittlichem Bildungsniveau rekrutiert [...](wiki)

Verheiratet - also keineswegs vereinsamt. Angestellte - also keine arbeitslosen Außenseiter ohne soziales Umfeld. Keine existenziellen Sorgen im Normalfall. Überdurchschnittliches Bildungsniveau - also zumindest tendenziell gewillt und in der Lage, sich die nötigen Informationen über eine Organisation zu schaffen, die ihr neuer Lebensinhalt sein soll.

Natürlich kann man hier sagen "Selbst Schuld, wenn sie so dumm sind, das zu glauben", aber das ist mehr als herablassend. Nur weil man selbst nicht in einer solchen Lage ist, kann man nicht von sich auf andere schließen.

Dass es herablassend ist, macht es noch nicht falsch. Ich behaupte mal, selbst wenn ich meinen Job, meinen Freund, meine Familie und beide Arme verlöre, würde mich das nicht veranlassen, an das E-Meter und eine außerirdische Zivilisation, die vor 75 Mio Jahren auf die Erde kam und durch Wasserstoffbomben in Vulkanen getötet wurde, zu glauben. Ich gebe zu, ich habe es noch NICHT ausprobiert. :rolleyes:

und finde es einfach nur schrecklich, wie diese Menschen vor allem emotional zerstört werden, nachdem sie Scientology den Rücken zukehren.

Ich finde es ja selbst unverzeihlich, dass ich bei einem so emotionalen Thema noch auf die Fakten achte, aber eben hast du noch gesagt, dass Scientology sich mit Vorliebe Menschen sucht, die
am schwächsten sind. Jene, die bereits am Boden liegen [...] emotional kaputt, in einer Identitätskrise oder allgemein verzweifelt [...]Menschen, die mit ihrem Leben nicht zufrieden sind und daran zerbrechen.
.
Wenn diese Menschen bei ihrer Rekrutierung emotional zerstört sind und von Scientology nach ihrem Austritt emotional zerstört WERDEN, ist der logische Schluss, dass zwischendurch in ihnen etwas geheilt ist, das nun wieder zerstört werden kann. Hat also Scientology diesen Leuten geholfen, während sie Mitglied waren? Wenn ja, hat es ja gehalten, was sie sich davon versprochen haben.

Steigt man aus der Kirche aus, wird man auch nicht vom Pfarrer genervt und verfolgt.
Nicht vom Pfarrer, aber durchaus von anderen Kirchenmitgliedern. Schon mal ausprobiert?

Tatsächlich ist es auch Fakt, dass die meisten gar nicht wirklich wissen, um was es bei Scientology geht.
In einer analphabetischen Wüstenkultur wäre das verzeihlich, in einer Informationsgesellschaft, die JEDEM jeden Tag Zugriff auf Wikipedia verschafft, nicht. Da kann ich genauso gut ein Medikament nehmen, ohne die Nebenwirkungen zu lesen, und mich hinterher beschweren.

Lykurg
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Mo 15. Mär 2010, 01:23 - Beitrag #31

Ich gebe e-noon und Ipsissimus recht - Scientology ist eine Sekte mit den üblichen Unterdrückungsmechanismen und einigen kriminellen Tendenzen; aber mit einem gefestigten religiösen bzw. irreligiösen Weltbild oder einfach nur einer Prise gesunden Menschenverstands kann man daran recht gut vorbeikommen. Ich würde allerdings auch eher vermuten, daß typische Neumitglieder in irgendeiner Hinsicht instabil sind, einen zu erfüllenden Bedarf an Sinn, Gemeinschaft, Bestätigung oder wai haben, insofern gewissermaßen schwach sind, aber damit in gewissem Maße Opfer ihrer selbst sind, bevor sie in die Hände der Sekte fallen.

So unangenehm deren Eigenschaften sind und so bedrohlich ich ihre Tendenzen finde, rechtsstaatliche Mittel, ihr Vermögen und die prominenten Mitglieder zu instrumentalisieren, um ihre mehr als zwielichtigen Aktivitäten unter einen ihnen nicht zustehenden Schutz zu stellen, gibt es doch schlimmere Organisationen und Erscheinungen, und einige, die in der gleichen Größenordnung spielen und dabei weniger öffentliche Aufmerksamkeit genießen. Das heißt beileibe nicht, daß man ihr freie Hand gewähren sollte, aber einen Sonderstatus als Staatsfeind Nr. 1 hat sie auch nicht gerade verdient, das hieße die Bedrohung zu überschätzen.

Ipsissimus
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Mo 15. Mär 2010, 12:59 - Beitrag #32

auch wenn ich Lykurgs Ausführungen prinzipiell zustimme, mein Punkt ist ein geringfügig anderer: Gleiche Kriterien für alle. Wenn wir Scientology durchs Elektronenmikroskop bewerten, dann auch alle anderen Gemeinschaften, mögen sie als Kirchen oder Sekten gelten. Und dann auch nicht nur gemäß der relativ aufgeklärten Situation in Mitteleuropa, sondern auch in anderen Gegenden der Welt, wie Südeuropa, Lateinamerika usw., wo sich unsere hier ach so aufgeklärten Gemeinschaften noch ganz anders präsentieren.

Maglor
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Mo 15. Mär 2010, 20:51 - Beitrag #33

Das besondere a Scientology ist die Zwitterstellung zwischen "Wissenschaft" (besser vielleicht Pseudowissenschaft), Religion und Psycho-Spielchen. Genau festlegen will sich die "Kirche" da nicht, wechselt je nach Situation wie ein Chamäleon die Farbe.
Ansonsten scheint Scientology eine moderne Mythologie geschaffen zu haben, in der Außerirdische die Rolle der Engel und Dämonen einnehmen.

Was den Erfolg und die Gefährlichkeit von Sekten angeht, so halte ich den sozialen Aspekt des ganzen für entscheidender als etwaigen Gott. An der Stelle bildet sich immer eine Parallelgesellschaft in der Gesinnungsgenossen und Glaubensbrüder Familie und Freundeskreis ersetzen. Die Folge ist, dass ein Ausstieg aus der Sekte auf Grund des sozialen Druckes nicht mehr ohne weiteres möglich. Ein Leben ohne die anderen scheint nicht mehr möglich, da man in die völlige emotionale Abhängigkeit des Vereins geraten ist.
Ob nun der labile Charakter wirklich so entscheidend ist... Dass sich Scientology die schwächsten Gestalten raussucht, kann schon mal nicht stimmen. Sie haben doch quasi berufliche Leistungsfähigkeit, Star-Kult, Gesundheitswahn und Wissenschaftsgläubigkeit zum Dogma erhoben und folgen damit im Grunde nur dem Zeitgeist. Vielleicht liegt der Urgrund allen Übels in der Geltungssucht Vieler, in dem Wunsch angenommen und beachtet zu werden und in der Sehnsucht nach endgültiger und totaler Wahrheit.

Ansonsten: Was das Menschen kaputt machen angeht, gibt es in Deutschland sicherlich gefährlichere Religionen. Ein eher unbekanntes Phänomen ist da z.B. die Rollen von Juju-Hexen bei der Versklavung von ebenfalls nigerianischen Zwangsprostituierten in Deutschland, um mal wieder zu alt bewährten Feindbilder zurückzukehren.
Das eigentliche Verbrechen von Scientology ist es, dass es den Anspruch der Kirchen übernimmt, mit diesen gleichberechtigt werden möchte. Geradezu unerhört! Skandalös ist natürlich auch der Missionsgedanke, gewisermaßen Zeichen von totalem Wahnsinn und Radikalität, gilt doch in Deutschland noch das das Jahrhunderte alte Gebot cuis regio, eius religo. Daraus folgt, dass politisch korrekte Kirchen sich keinen Wettkampf untereinander erlauben und die Religionszugeörigkeit eines Deutschen nicht durch freie Entscheidung getroffen wird, sondern über die Eltern vererbt, letztlich von den frühneuzeitlichen Feudalherren noch immer bestimmt werden soll.
Und was den Grundbesitz in deutschen Innenstädten angeht, wollen Scientologen vielleicht auch nur mit den Amtskirchen gleichziehen. ;)

e-noon
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Mo 15. Mär 2010, 21:38 - Beitrag #34

Sehr treffend gesagt, insbesondere der letzte Abschnitt :D Wenn mich nicht alles täuscht, entspricht das in etwa Ipsis Forderung, bei religiösen Gruppen mit gleichem Maß zu messen (der ich mich anschließe).

e-noon
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Do 18. Mär 2010, 11:00 - Beitrag #35

http://www.hamburg.de/ag-scientology/veroeffentlichungen/

Das hier könnte noch interessieren, falls noch nicht bekannt. Scientology und Gehirnwäsche.

Ipsissimus
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Mi 24. Mär 2010, 12:32 - Beitrag #36

Maglor, ich stimme deinem letzten Absatz nur eingeschränkt zu.

Es ist natürlich richtig, dass es den etablierten Kirchen gut zu Gesicht stünde, sich zu erinnern, wie sie Mission durchgeführt haben, einge Jahrhunderte lang mit Schwert und Blut, und später mit der Selbstgefälligkeit des Siegers. Andererseits sehe ich nicht die alten Haie als inhaltlichen Gegner des neuen jungen Haies im Fressbecken. Scientology richtet sich gegen Werte der Aufklärung, und letztlich gegen den Humanismus. Das bereitet mir Sorgen, nicht aber die die PR-schwangeren Analysen unserer etablierten Kirchen, die in Wirklichkeit nur der eigene Marktanteil kümmert.

Maglor
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Mi 24. Mär 2010, 19:01 - Beitrag #37

Ich halte es für den wesentlichen Unterschied, dass sich die alten Haie von den Inhalten mehr oder minder zurückgezogen haben und gar nicht mehr versuchen diese ernsthaft unter ihren Sektenmitgliedern oder gar in der Welt durchzusetzen.

Und gegen welche "Werte der Aufklärung" richtet sich denn dieses Scientology konkret?
Eine selbst verschuldete Unmündigkeit der Mitglieder ist ja irgendwie offensichtlich, aber ist das nicht die eigentliche Konsequenz jeder ernst genommen Religionszugehörigkeit oder straff organisierten Weltanschauungsbewegung.

Amy
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Sa 27. Mär 2010, 12:20 - Beitrag #38

Ich weiß nicht, ob es jemanden interessiert, aber eben habe ich mitbekommen, dass gestern und heute etwa in Hamburg stattfand/stattfindet. Da ich nur auf dem Sprung bin, weiß ich nicht wirklich, wieso, tippe aber darauf, dass der Anlass der Spielfilm der ARD ist, der nächste Woche ist. Es sprechen einige amerikanische (ehemals hochrangige) Scientologen.


Hana Whitfield I, ...

Jesse Prince I, II, ...

Die restlichen Teile der Interviews kommen nach und nach online - ich muss nur jetzt weg und kann sie nicht mehr posten. Aber wenn jemand reingucken will ...

Und die Hamburger Anons ;) Klick

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Sa 27. Mär 2010, 15:10 - Beitrag #39

Den Hörsaal kenn' ich doch... Bild Die Scientology-Tagung der Innenbehörde scheint aber mit dem Film nicht direkt zusammenzuhängen, wenn auch vermutlich dieselben Leute daran mitgewirkt haben. Scientology strengt offenbar eine Klage gegen die Stadt Hamburg als Arbeitgeber der Sektenbeauftragten an, die am ARD-Film beratend mitgewirkt hat.

e-noon
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So 28. Mär 2010, 01:24 - Beitrag #40

Woher sie das Geld dazu haben, ist ja bekannt ^^

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